
Zielkrankheiten des erweiterten Neugeborenen-Screenings
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Detail-Beschreibungen der sogenannten Zielkrankheiten
Im erweiterten Neugeborenen-Screening wird ausschließlich auf die nachfolgenden angeborenen Störungen des Stoffwechsels, des Hormon-, des Blut-, des Immunsystems und des neuromuskulären Systems (Zielkrankheiten) gescreent.
Seit dem Inkrafttreten des Gendiagnostikgesetzes im Jahr 2010 werden von der Gendiagnostik-Kommission (GEKO) beim Robert Koch-Institut neu aufzunehmende Reihenuntersuchungen für genetisch bedingte Erkrankungen bewertet. Für die Reihenuntersuchungen auf Tyrosinämie Typ I und auf schwere kombinierte Immundefekte (SCID) hat die GEKO die Einführung der Screenings befürwortet.
1. Hypothyreose (CH)
Angeborene Unterfunktion der Schilddrüse: schwere Störung der geistigen und körperlichen Entwicklung. Behandlung durch Hormongabe.
Häufigkeit: circa 1/4.000 Neugeborene
2. Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Hormonstörung durch Defekt der Nebennierenrinde: Vermännlichung bei Mädchen, möglicher tödlicher Verlauf bei Salzverlustkrisen. Behandlung durch Hormongaben.
Häufigkeit: circa 1/10.000 Neugeborene
3. Biotinidasemangel (Bio)
Defekt im Stoffwechsel des Vitamins Biotin: Hautveränderungen, Stoffwechselkrisen, geistige Behinderung, möglicher tödlicher Verlauf. Behandlung durch Biotingabe.
Häufigkeit: circa 1/80.000 Neugeborene
4. Galaktosämie (GAL)
Defekt im Verstoffwechseln von Milchzucker: Erblindung, körperliche und geistige Behinderung, Leberversagen, möglicher tödlicher Verlauf. Behandlung durch Spezialdiät.
Häufigkeit: circa 1/40.000 Neugeborene
5. Phenylketonurie (PKU) und Hyperphenylalaninämie (HPA)
Defekt im Stoffwechsel der Aminosäure Phenylalanin: Krampfanfälle, Spastik, geistige Behinderung. Behandlung durch Spezialdiät.
Häufigkeit: circa 1/10.000 Neugeborene
6. Ahornsirupkrankheit (MSUD)
Defekt im Abbau von Aminosäuren: geistige Behinderung, Koma, möglicher tödlicher Verlauf. Behandlung durch Spezialdiät.
Häufigkeit: circa 1/20.0000 Neugeborene
7. Medium-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel (MCAD)
Defekt bei der Energiegewinnung aus Fettsäuren: Stoffwechselkrisen, Koma, möglicher tödlicher Verlauf. Behandlung durch Carnitingabe, Vermeiden von Hungerphasen.
Häufigkeit: circa 1/10.000 Neugeborene
8. Long-Chain-3-OH-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel (LCHAD) und 9. Very-Long-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel (VLCAD)
Defekt im Stoffwechsel von langkettigen Fettsäuren: Stoffwechselkrisen, Koma, Muskel- und Herzmuskelschwäche, möglicher tödlicher Verlauf. Behandlung durch Spezialdiät, Vermeiden von Hungerphasen.
Häufigkeit: circa 1/80.000 Neugeborene
10. Carnitinzyklusdefekte
a) Carnitin-Palmitoyl-Transferase-I-Mangel (CPT-I)
b) Carnitin-Palmitoyl-Transferase-II-Mangel (CPT-II)
c) Carnitin-Acylcarnitin-Translocase-Mangel
Defekt im Stoffwechsel der Fettsäuren: Stoffwechselkrisen, Koma, möglicher tödlicher Verlauf. Behandlung durch Spezialdiät
Häufigkeit: circa 1/100.000 Neugeborene
11. Glutaracidurie Typ I (GA-I)
Defekt im Abbau von Aminosäuren: bleibende Bewegungsstörung, plötzliche Stoffwechselkrisen.
Behandlung durch Spezialdiät
Häufigkeit: circa 1/80.000 Neugeborene
12. Isovalerianacidämie (IVA)
Defekt im Abbau von Aminosäuren: geistige Behinderung, Koma. Behandlung durch Spezialdiät und Aminosäuregabe.
Häufigkeit: circa 1/50.000 Neugeborene
13. Tyrosinämie Typ I
Defekt im Stoffwechsel der Aminosäure Tyrosin: Bildung schädlicher Stoffwechselprodukte kann zu schwerwiegenden Schädigungen von Leber, Niere, Gehirn und/oder Nerven führen.
Behandlung durch Spezialdiät in Kombination mit medikamentöser Behandlung mit Nitisinon.
Häufigkeit: circa 1/135.000 Neugeborene
14. Schwere kombinierte Immundefekte (Severe combined Immunodeficiency, SCID) - ab Mitte August 2019
Völliges Fehlen einer Immunabwehr: bereits im Säuglingsalter hohe Infektanfälligkeit gepaart mit Infektionskomplikationen. Strenge hygienische Vorsichtsmaßnahmen. Therapie mit Knochenmark- oder Stammzelltransplantation, Enzymersatztherapie. Verzicht auf Stillen, Lebendimpfungen oder Transfusion unbehandelter Blutprodukte. Unbehandelt versterben die meisten betroffenen Kinder innerhalb von 1 bis 2 Jahren.
(Häufigkeit 1/32.500 Neugeborene)
15. Sichelzellkrankheit - ab Oktober 2021
Defekt der roten Blutzellen, der zur Veränderung der Fließeigenschaft des Blutes führt. Dadurch können Blutgefäße »verstopfen«.
Häufigkeit: circa. 1/20 000 Neugeborene
16. 5q-assoziierte spinale Muskelatrophie (SMA) - ab Oktober 2021
Defekt bestimmter Nervenzellen im Rückenmark, was zu einer fortschreitenden Muskelschwäche führt.
Häufigkeit: circa 1/16 000 Neugeborene