
Informationen für Eltern zum Neugeborenen-Screening
Sie möchten, dass Ihr Kind gesund aufwächst und nach dem besten Stand des heutigen Wissens vor Krankheiten geschützt wird.
Rechtzeitige Erkennung und frühe Diagnosestellung sind hierbei gerade bei Neugeborenen wichtige Voraussetzungen für eine wirksame Behandlung.
Sie befinden sich hier:
Warum werden Vorsorgeuntersuchungen bei Neugeborenen durchgeführt?
Die meisten Kinder kommen gesund zur Welt, doch es gibt auch Ausnahmen. Etwa eines von 1300 Neugeborenen ist durch eine seltene angeborene Störung des Stoffwechsels, des Hormon-, des Blut-, des Immunsystems und des neuromuskulären Systems in seiner Gesundheit gefährdet. Störungen des Hormon- und Stoffwechsels, sowie Störungen des Immunsystems oder Hörstörungen sind häufig nicht durch äußere Zeichen erkennbar.
Unbehandelt können diese Erkrankungen zu bleibenden Schäden, schweren Infektionen und Behinderungen in der geistigen und körperlichen Entwicklung führen, teilweise sogar das Leben des Kindes gefährden.
Wenn möglichst kurz nach der Geburt eine effektive und zielgerichtete Therapie eingeleitet wird, bestehen bei vielen dieser Erkrankungen sehr gute Aussichten eventuell drohende Behinderungen und Folgeschäden zu vermeiden oder zu mildern und Todesfälle zu verhindern.
Das erweiterte Neugeborenen-Screening auf angeborene Störungen des Stoffwechsels, des Hormon-, des Blut-, des Immunsystems und des neuromuskulären Systems kann viele dieser Erkrankungen durch Untersuchung von getrockneten Blutstropfen bereits kurz nach der Geburt erkennen und dadurch eine rechtzeitige Diagnosestellung und Behandlung ermöglichen.
Seit 2017 wird zeitgleich zum Neugeborenen-Screening eine Reihenuntersuchung auf Mukoviszidose angeboten.
Im August 2019 wurde das Screening auf schwere kombinierte Immundefekte (SCID) eingeführt.
Im Oktober 2021 wurde das Screening auf 5q-assoziierte spinale Muskelatrophie (SMA) und Sichelzellkrankheit eingeführt.
Die Untersuchung des Hörvermögens ist deshalb wichtig, weil bei einer Hörstörung die Entwicklung der Sprache verzögert oder sogar völlig ausbleiben kann. Ohne Behandlung wird sich das Kind in seiner sozialen Entwicklung nicht altersgerecht entwickeln können.
Mit der Teilnahme am Neugeborenen-Hörscreening helfen Sie, die Gesundheit Ihres Kindes zu sichern.
Antworten auf häufige gestellte Fragen
Wie wird untersucht?
Für das erweiterte Neugeborenen-Screening werden wenige Blutstropfen (aus Vene oder Ferse) entnommen, auf die dafür vorgesehene Filterpapierkarte getropft und nach dem Trocknen sofort zu einem spezialisierten Neugeborenenscreening-Labor geschickt. Dort werden die Proben unverzüglich mit speziellen, sehr empfindlichen Methoden untersucht.
Zur Untersuchung der Hörfähigkeit werden die unhörbaren Signale, die das gesunde Innenohr des Neugeborenen aussendet, völlig schmerzfrei mit einer in den Gehörgang eingeführten Sonde gemessen (sog. otoakustische Emissionen, OAE).
Um die Übermittlung der Hörscreening-Ergebnisse an das Screeningzentrum sicherzustellen, sollte das Hörscreening vor oder zeitgleich mit dem Bluttest durchgeführt werden. Die Hörscreeningergebnisse werden dann auf der Sscreeningkarte mit eingetragen.
Wann wird untersucht?
Die Screening-Untersuchungen finden im Laufe des zweiten bis dritten Lebenstages (36. – 72. Stunde nach der Geburt), ggf. zusammen mit der zweiten Vorsorgeuntersuchung Ihres Kindes (U 2) statt.
Die Abnahme zum richtigen Zeitpunkt ist wichtig für die Effektivität der Untersuchung:
Da es einige Erkrankungen gibt, bei denen die Kinder schnell und schwer erkranken können, sollte der Zeitpunkt so früh wie möglich liegen um eine Behandlung rechtzeitig einleiten zu können. Bei ambulanter Entbindung empfehlen wir daher, bereits vor der Entlassung (vor der 36. Lebensstunde), ein Screening bei Ihrem Kind durchführen zu lassen.
Andere Erkrankungen können in den ersten 36 Lebensstunden eventuell noch nicht erkannt werden, da das Kind noch zu sehr unter dem Einfluss des mütterlichen Organismus steht
bei weiteren Erkrankungen (AGS und Hypothyreose) wiederum führt eine zu frühe Abnahme durch hormonelle Einflüsse der Geburt zu falsch hohen Werten und damit zu eventuell unnötigen Verdachtsfällen.
Auf welche Kranheiten wird untersucht?

Seit über 40 Jahren finden in Deutschland Neugeborenen Screening- Untersuchungen statt. Derzeit wird erfolgreich nach angeborener Hypothyreose, adrenogenitalem Syndrom, Biotinidasemangel, Galaktosämie, Phenylketonurie (PKU), schwere kombinierte Immundefekte (Severe combined Immunodeficiency, SCID), Sichelzellkrankheit, spinale Muskelatrophie (SMA), Tyrosinämie Typ I gesucht.
Die betroffenen Kinder können bei der Geburt völlig gesund aussehen. Es ist daher wichtig, das erweiterte Neugeborenscreening fristgerecht durchzuführen, um die Kinder vor schweren Erkrankungen und deren Folgen zu bewahren.
Detaillierte Beschreibungen der Zielerkrankungen lesen Sie hier.
Das Neugeborenen-Screening ist keine genetische Untersuchung, d.h. es findet keine Analyse des Erbgutes statt.
Können diese Krankheiten geheilt werden?
Alle genannten Stoffwechseldefekte, endokrinen und neuromuskulären Störungen sowie Blut- und Immundefekte sind angeboren und können deshalb nicht komplett geheilt werden.
Die Auswirkungen von angeborenen Störungen werden jedoch vermieden oder mindestens gemildert, wenn eine Spezialbehandlung früh genug beginnt. Spezialisten (Endokrinologen, sowie spezialisierte immunologische Einrichtungen) stehen für die Beratung und Betreuung im Verdachts- oder Krankheitsfall zur Verfügung.
Wenn beim Hörscreening auch die zweite Untersuchung keine sichere Aussage über das Hörvermögen Ihres Kindes zulässt, erfolgt in einer der angegebenen spezialisierten Kliniken oder Praxen eine exakte Bestimmung der Hörschwelle.
Auch diese Untersuchung ist völlig schmerzfrei und wird im Schlaf durchgeführt. Sollte sich dabei herausstellen, dass die Hörfähigkeit eingeschränkt ist, wird die entsprechende Behandlung unmittelbar eingeleitet.
Mit einer frühen Förderung hat nahezu jedes hörgestörte Kind gute Aussichten auf eine normale sprachliche Entwicklung.
Teilnahmepflicht?
Die Teilnahme an den Neugeborenen-Screening-Untersuchungen ist freiwillig.
Vor der Abnahme des Blutes haben Sie eine Eltern-Informations-Broschüre erhalten und die Einverständniserklärung unterschrieben.
Ihr Einverständnis zur Untersuchung umfasst nur die hier genannten Zielerkrankungen. Selbstverständlich können Sie die Teilnahme am Neugeborenenscreening für Ihr Neugeborenes auch ablehnen. Dieser Schritt sollte jedoch sehr gut überlegt sein, denn davon kann im ungünstigen Fall eine rechtzeitige Behandlung schwerer Erkrankungen bei Ihrem Kind abhängen.Wenn Sie sich gegen eine Teilnahme am Neugeborenenscreening entscheiden, teilen Sie das bitte Ihrer Hebamme oder dem Kinderarzt mit. Diese informieren dann mit Hilfe einer Screening-Leerkarte das Screening-Zentrum, dass bei Ihrem Kind das Screening abgelehnt wurde. Bleibt diese Information aus, werden Sie zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen unseres Vollständigkeits-Monitoring ein weiteres Mal schriftlich (per Brief) zur Teilnahme an der Vorsorgeuntersuchung aufgefordert.
Da dieses Vollständigkeits-Monitoring jedes Jahr bei mehreren hundert, ansonsten "vergessenen" Screening-Fällen die Teilnahme sicherstellt (und eventuelle Erkrankungen aufdeckt), bitten wir um Ihr Verständnis für diese Maßnahme.
Wer erfährt das Testergebnis?
Für Sie als Eltern gilt: Keine Nachricht = gute Nachricht!
Über das Ergebnis des erweiterten Neugeborenenscreenings erhält der Einsender der Blutprobe (Geburtsklinik, Kinderarzt) innerhalb weniger Tage einen schriftlichen Befund. Die Eltern werden nicht direkt informiert.
Wir das Screening von einer Hebamme abgenommen, dann erhalten die Eltern den Befund nach Hause geschickt.
Nur bei deutlichen Hinweisen auf eine Erkrankung, die umgehend behandelt werden muss, werden wir Sie unmittelbar oder über Ihren Kinderarzt/Ihre Hebamme benachrichtigen. Geben Sie deshalb unbedingt für die Testkarte Ihre Telefonnummer und Ihre Anschrift an, unter der Sie in den ersten Tagen nach der Geburt auch tatsächlich erreichbar sind.
Ist das Ergebnis aus anderen Gründen nicht eindeutig, ohne jedoch klare Hinweise auf das Vorliegen einer der Zielkrankheiten zu bieten, fordert das Screening-Labor Sie - per Brief oder über den Einsender - zu einer erneuten Abnahme auf. In diesem Fall kann häufig durch eine zweite Abnahme die Bedeutung und Ursache des unklaren Testergebnisses herausgefunden werden. In diesen Fällen sollten sie möglichst zügig die erneute Abnahme bei ihrem Kinderarzt, in der Geburtsklinik oder durch die Hebamme veranlassen.
Das Screeninglabor würde bei dringendem Krankheitsverdacht niemals eine Mitteilung per Brief veranlassen. Wenn Sie also eine solche Aufforderung zur erneuten Kontrolle vom Screeninglabor erhalten, liegt kein dringender Krankheitsverdacht vor. Die erneute Abnahme soll bald, muss aber nicht sofort erfolgen und kann entsprechend geplant und organisiert werden.
Das Ergebnis des Hörscreenings liegt direkt nach der Durchführung vor und wird vom Untersucher den Eltern mitgeteilt. Im gelben Kinder-Untersuchungsheft werden Durchführung und Ergebnis, differenziert nach einseitig/beidseitig dokumentiert.
Hinweise auf Einrichtungen, in denen ggf. erforderliche Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden können, werden den Eltern mit dem Befund ausgehändigt. Die Ergebnisse werden am besten gemeinsam mit der Screening-Karte an das Hörscreening-Zentrum übermittelt, dort werden die eventuell notwendigen Maßnahmen eingeleitet.
Was bedeutet ein auffälliges Testergebnis?
Das auffälliges Ergebnis eines Screening-Tests ist noch keine ärztliche Diagnose und eine Aufforderung zur Wiederholungsuntersuchung bedeutet nicht, dass das Kind krank ist.
Manchmal hat auch nur das Blut nicht für alle Untersuchungen ausgereicht, die Entnahme erfolgte zu früh, um alle Krankheiten sicher zu erfassen oder der Befund ist grenzwertig und muss kontrolliert werden.Auch in den seltenen Fällen, in denen das Ergebnis der Untersuchung auf das Vorliegen einer Erkrankung hinweist, ist damit die Diagnose noch nicht endgültig gesichert, sondern muss durch weitere ärztliche Untersuchungen abgeklärt werden. Reagieren Sie bitte rasch, wenn Sie zur Wiederholungsuntersuchung des Stoffwechselscreenings aufgefordert werden. Es ist im Interesse Ihres Kindes, wenn es zu einer schnellen Klärung der Situation kommt. Beim Hörscreening soll die erste Wiederholung frühzeitig (2. - 3. Tag) durchgeführt werden, für die zweite oder weitere Kontrollen soll dem Organ noch etwas Zeit zur Reifung gegeben werden, so dass die Wiederholung einige Wochen später erfolgen soll.
Wer bezahlt das Screening?
Das Neugeborenenscreening zur Früherkennung angeborener Hormon- und Stoffwechselstörungen und das Hörscreening sind Kassenleistungen.
In der Regel liegt zum Zeitpunkt der Screeningabnahme noch keine Chipkarte des Neugeborenen vor.
Erfolgt die Abnahme im Rahmen der U2, welche zwischen dem 3. und 10. Lebenstag ( mit einem Toleranzspielraum bis zum 14. Lebenstag) des Kindes vorgesehen ist, kann über die Versichertenkarte eines gesetzlich versicherten Elternteils abgerechnet werden.
Ein unklarer Versicherungsstatus ist daher kein Grund die Untersuchung zu verschieben.
Auch bei den privat versicherten Patienten werden die vom Screeninglabor in Rechnung gestellten Kosten in der Regel von den Privatkassen übernommen oder erstattet.
Eine ähnliche Regelung gilt für beihilfeberechtigte Beamte, hier gibt es jedoch unterschiedliche regionale Vorgehensweisen – Details erfahren Sie beim jeweiligen Kostenträger oder ihrer Beihilfestelle.
Bitte lassen Sie die Screeninguntersuchungen auch dann zeitgerecht durchführen, wenn die Kostenübernahme nach Ihrer Meinung noch nicht geklärt ist.
In Problemfällen helfen wir Ihnen unkompliziert eine Lösung zu finden.
Was geschieht mit den Daten?
Für Datenschutz wird gesorgt:
Die Filterpapierkarte mit dem Blut und der Teil mit den persönlichen Angaben von Ihnen und Ihrem Kind werden nach 3 Monaten voneinander getrennt und nach Ablauf von 12 Monaten verschlüsselt (pseudonymisiert) aufbewahrt.
In Berlin werden alle persönlichen Daten nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes (es werden nur die Daten des aktuellen Jahrgangs und die Daten des Vorjahres in der Datenbank belassen) aus der Datenbank entfernt und einem unabhängigen Daten-Treuhänder (behördlicher Datenschutzbeauftragter der Charité) übergeben. Danach hat das Screeninglabor keinen Zugang mehr zu den persönlichen Angaben.
Nur auf den ausdrücklichen Wunsch der Eltern und mit deren Einwilligung können die Persönlichen Daten und die Messergebnisse (z.B. bei besonderen medizinischen Fragestellungen) anschließend wieder einander zugeordnet werden. Um in diesen seltenen Fällen auch zu einem späteren Zeitpunkt die Diagnosen überprüfen zu können werden die Daten beim Datentreuhänder erst nach 18 Jahren endgültig gelöscht. Die Ergebnisse der Untersuchungen unterliegen selbstverständlich der ärztlichen Schweigepflicht.
Um eine unberechtigte Weitergabe an Dritte zu verhindern wurde im Jahr 2010 durch die Einführung einer eindeutigen Schlüsselziffer - der Screening-ID - die Sicherheit der Daten noch weiter gesteigert. Diese SC-ID wird mit dem gelben Kinder-Vorsorgeheft an die Eltern ausgegeben.
Neben der Datensicherheit wird die Screening-ID auch noch für das Monitoring von weiteren Vorsorgemaßnahmen (dem Hörscreening und dem Einladungs- und Rückmeldeverfahren) verwendet.
Falls Untersuchungen an verschiedenen Stellen angefordert sind, werden die Screening-Labore die jeweiligen Daten miteinander abgleichen, um eine optimale Behandlung sicherzustellen.
Elterninformationen in verschiedenen Sprachen
Übersetzungen der Elterninformation zum Neugeborenenscreening finden Sie hier:
Selbsthilfegruppen für Eltern betroffener Kinder
Links zu Selbsthilfegruppen
Die Schmetterlinge e.V. (Selbsthilfeorganisation für schilddrüsenkranke Kinder und ihre Eltern)
Galaktosämie e.V. (Informationen für Betroffene und Eltern über Galaktosämie)
DIG-PKU - Deutsche Interessengemeinschaft PKU und verwandte Stoffwechselstörungen e.V.
AGS- Eltern und Patienteninitiative e.V. (Eltern und Patienteninitiative für Betroffene mit Adrenogenitalem Syndrom)
Glycokids (Information für Eltern und Betroffene mit CDG)
GGD - Gaucher Gesellschaft Deutschland (Information für Eltern und Betroffene über M. Gaucher)
MPS - Gesellschaft für Mucopolysaccaridosen e.V. (Informationen Eltern und Betroffene über Mucopolysaccaridosen
MFSH - Morbus Fabry Selbsthilfegruppe e.V.
ACHSE e.V. (Allianz chronisch seltener Erkrankungen) - die ACHSE ist ein Netzwerk von über 80 Patientenorganisationen. Deren Mitglieder sind Kinder und Erwachsene mit seltenen Erkrankungen sowie ihre Angehörigen.
VfASS - Verein für angeborene Stoffwechsel-Störungen e.V.